
Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Heilige Geist segne unser Reden und Hören. Amen.
Liebe Gemeinde am 3. Advent!
„Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse.“ So beginnt in der Lutherübersetzung unser Predigttext, den Ute Baumann eben gelesen hat. Der erste Gedanke, der mir dabei durch den Kopf ging, war ein alter Schlager: Jemand eine Idee?
Genau: Johanna von Koczians Lied aus dem Jahr 1977: „Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann! Das bisschen Haushalt kann so schwer nicht sein.“ Nur durch Ironie stellt die Sängerin die alten Rollenzuschreibungen in Frage. Bis dahin entsprach die Aufgabenverteilung zwischen Ehepartnern auch im Bürgerlichen Gesetzbuch dem Stand des Jahres 1900, wonach die Frau nur dann berufstätig sein durfte, wenn dies nicht mit ihren häuslichen Pflichten in Ehe und Familie kollidierte. 1977, im Erscheinungsjahr des Liedes trat in Deutschland dann endlich das „Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts“ in Kraft.
Einen Haushalt in Ordnung zu halten, ist aber mitnichten nur ein unbedeutendes Anhängsel im Leben von Menschen. Und dabei ist es ganz gleich, ob es sich um eine kleine Wohnung handelt, wo alles im Weg liegt, was man nicht sofort wegräumt; oder ob es sich um eine große Wohnung mit unendlich vielen Zimmern handelt, wo man in diesem oder jenem mal schnell etwas verstecken kann.
Noch deutlicher wird es, wenn wir aus dem Haushalt einer Wohnung in den Finanzbereich wechseln: Da hat ein Haushalt schnell einen Millionen- oder Milliarden-Umfang und alle, die dafür verantwortlich sind, müssen genau Rechenschaft darüber ablegen, wie sie mit dem Geld umgegangen sind. Bei staatliche Haushalten entscheidet dann auch die Frage, wie gut eine Regierung mit den Finanzen umgegangen ist, darüber, ob sie wiedergewählt wird oder nicht. Aber alle, die in einem Verein oder auch hier in unserer Kirchengemeinde schon einmal Verantwortung für Geld übernommen haben, wissen, wovon ich rede.
Paulus geht es bei seiner Haushalterschaft aber nicht um Geld, es geht ihm auch nicht darum, ob im Gemeindehaus alle Töpfe abgewaschen sind oder ob in der Kirche Staub gewischt ist und die liturgischen Gewänder gereinigt und ordentlich aufgehängt sind. Die Geheimnisse Gottes, die ihm und anderen anvertraut sind, das sind andere Dinge. Oder besser: Es sind keine Dinge, keine materiellen Güter, sondern geistliche Schätze, und sie haben für Paulus einen unschätzbaren Wert.
Ich weiß nicht genau, wie Paulus es in ganz wenigen Worten oder Sätzen gesagt oder aufgeschrieben hätte. Neben den Antworten auf die Probleme der von ihm gegründeten Gemeinden nehmen seine grundsätzlichen Aussagen über den christlichen Glauben in seinen Briefen ja einen ganz großen Raum ein. Darum will ich es mit meinen Worten zu sagen versuchen.
Die Geheimnisse Gottes sind das glaubende Wissen, das vertrauende Glauben, dass in Jesus Christus Gott für alle Menschen zum Heil in diese Welt gekommen ist: Niemand braucht abseits zu stehen, der sich diesem Jesus Christus anvertrauen möchte. Gottes Geist verbindet alle, die an Christus glauben, und führt sie in der Gemeinschaft der einen Kirche zusammen. Und hier werden die beiden konkreten Geheimnisse wichtig, die das Leben der Kirche ausmachen: die Taufe, mit der Menschen in diese Gemeinschaft aufgenommen werden; und das Abendmahl, in dem Christinnen und Christen immer wieder neu Anteil an Jesus Christus bekommen und so für ihren Weg als Glaubende gestärkt und ermutigt werden.
Zu diesen Geheimnissen gehört dann auch, dass diejenigen, die von diesem Weg abgekommen sind, immer wieder neu zu Gott zurückkommen können, dass Gott diejenigen mit offenen Armen empfängt, die wie der zuvor verlorene Sohn sich ihm von Neuem anvertrauen wollen.
In Gottes Gemeinschaft eingeladen zu sein – als seine geliebten Kinder; an seinem Tisch willkommen zu sein – nicht als Gäste und Fremdlinge, sondern als seine Hausgenossen; und zu ihm zurückkommen zu dürfen – weil Gottes Liebe und Güte jeden Morgen neu sind: Das sind die Geheimnisse dieses Gottes, für die es gilt, gute Haushalterinnen und Haushalter zu sein.
Wer ist ein Haushalter der Geheimnisse Gottes? Klar, Paulus sieht sich selbst als ein solcher und mit ihm viele andere, die in Korinth und an vielen anderen Orten wirken. Aber auch schon vorher gab es sie. Gehen wir von Paulus gesehen zunächst einmal in der Zeit rückwärts:
Über Jesus müssen wir an dieser Stelle nicht sprechen. Denn Jesus ist als Sohn Gottes zuallererst Teil dieses Geheimnisses. Während seiner irdischen Zeit hat er dann aber auch wie kein anderer die Zuwendung Gottes zu den Menschen gelebt.
Aber da ist Johannes der Täufer, dem dieser 3. Sonntag im Advent gewidmet ist. Er war so ein Haushalter – ganz sicher. Ihm lag – in seiner ja etwas ruppigen Art: „Ihr Schlangebrut, wer hat euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet?“ – doch sehr daran, die Menschen durch seine Taufe der Umkehr wieder zu einer lebendigen Beziehung zu Gott zurückzuführen.
Vor ihm waren es die Propheten – wie Elia und Amos, Jesaja, Jeremia und so viele andere, die sich immer wieder eingesetzt haben, dass die Weisungen Gottes für ein Leben im gelobten Land und in Freiheit vom Volk Israel auch eingehalten wurden. Diese Weisungen, die Tora, war in gewisser Weise über Jahrhunderte das Geheimnis von Gottes Bund mit Israel. Und diese Weisungen hatte der erste und einer der größten Haushalter der Geheimnisse Gottes in großer Treue und mit einer unglaublichen Kraftanstrengung über 40 Jahre auf der Wüstenwanderung dem Volk Israel gebracht und für sie bewahrt: Das war Mose.
Und seit Paulus? Immer wieder hat es diese treuen Haushalterinnen und Haushalter gegeben. Denn ohne die würden wir heute nicht hier in der Kirche sitzen und an die Liebe Gottes glauben, die in Jesus Christus erschienen ist. Da gibt es welche mit großen Namen: Augustinus und Gregor der Große, dem wir den gregorianischen Choral und damit unsere Kirchenmusik verdanken, Hildegard von Bingen und Hildburg, die hier bei uns so viele Kirchen gegründet hat, Martin und Katharina Luther, Dietrich Bonhoeffer und Marie Schmalenbach. Mindestens genauso wichtig sind aber auch die ohne die großen Namen: die Lehrerinnen und Pastoren und die unzähligen Väter und Mütter, die ihren Kindern den Glauben in all den Jahrhunderten treu und zuverlässig weiter gegeben haben.
Da wird deutlich: Haushalterinnen und Haushalter der Geheimnisse Gottes – das sind nicht irgendwelche andere Leute, zu denen man aufblicken muss. Haushalterinnen und Haushalter der Geheimnisse Gottes – das sind wir alle! Wir, die wir durch unsere Taufe zu Kindern Gottes und damit zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Reich Gottes berufen sind.
Und wer ist nun das, was Paulus einen guten Haushalter nennt? Paulus wagt es nicht, sich selbst einzuschätzen. Er war nach seiner Bekehrung vor Damaskus ein großer Eiferer, der mit einer ungeheuren Energie für den Glauben an Jesus Christus und damit für die Geheimnisse Gottes gearbeitet hat. Aber er ist sich nicht sicher, wie Gott urteilt. Und den Korinthern rät Paulus dringend, niemanden zu beurteilen oder gar zu verurteilen, was dessen Glauben und damit auch die Qualität seiner Haushalterschaft betrifft. Er ist sich sicher: Gottes Maßstäbe sind oft ganz anders als unsere.
Paulus weiß nur ein Doppeltes: Am Ziel der Welt wird zuerst alles vom Licht Jesu Christi beschienen sein: von dem Licht, das alles aufdeckt und offensichtlich macht. Aber Gott wird das alles mit seinem liebenden Blick ansehen. Und deshalb wird als Zweites Gott alle Menschen nach ihrem Verdienst loben. Das macht mich für uns alle unendlich zuversichtlich: Gottes Lob wird auch am Ziel unseres Lebens stehen.
Das sollte uns mutig und getrost machen, unsere Aufgabe als Haushalterinnen und Haushalter von Gottes Geheimnissen aktiv zu gestalten: unseren Glauben als lebendige Glieder der Kirche Jesu Christi zu leben. Amen.