Predigt zum Partnerschafts-Gottesdienst über Römer 8,31b-39

Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Heilige Geist segne unser Bemühen im Reden und Hören. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

»Für immer und ewig« – Wenn wir diese vier Worte hören oder sie selbst sagen, gibt es Menschen, die das mit guten Gefühlen hören, es gibt aber auch viele, die es mit schlechten aufnehmen. Denn »für immer und ewig«, das hört sich im Positiven wie im Negativen so nach „lebenslänglich“ an. Es klingt für manche tatsächlich nach einem endgültigen Urteil: verurteilt zu einem lebenslänglichen Zwang, der einem keine Freiräume mehr lässt, sondern das Leben einengt auf gefühlte zwei Quadratmeter, so wie ein Mensch in seinem Leben eingeengt ist, der lebenslänglich ins Gefängnis muss – »für immer und ewig« eben.

Andere werden im Überschwang des Glücks ohne solche Gefängnis-Gedanken dieses »für immer und ewig« ganz freiwillig für sich sagen: als Versprechen, wenn sie einem Menschen ihre Treue und Liebe zusagen wollen. Und dann hat es eben nicht die Enge eines Gefängnisses, sondern die Weite des Himmels. Sage ich sie als Liebender, werde ich sie nicht als Gefängnis sondern als den offenen Himmel verstehen. Höre ich, wie ein anderer sie über sich sagt, und kann ich sie mit der gleichen Liebe zurück, gilt es auch. Das ist das Bekenntnis der Liebenden zueinander.

Werden mir die Worte aber über mich gesagt und üben sie einen Machtanspruch an mich aus, bekommen sie diesen einengenden Charakter. Das ist der Richterspruch, der einen zu lebenslänglicher Haft verurteilt, aber auch der Liebesschwur, der nicht mit Gegenliebe beantwortet wird, beantwortet werden kann. Es kommt wohl auf die Richtung an, aus der oder in die diese vier Worte gesprochen werden. Sage ich sie oder werden sie über mich gesagt?

»Für immer und ewig« – das ist Gottes Liebeserklärung an uns Menschen – auch wenn manche Menschen von sich aus diese Liebeserklärung nicht annehmen können oder nicht annehmen wollen. Von Gott aus ist sie in aller Freiheit an die Menschen, an uns gerichtet. In ganz besonderer Weise hat Gott dann diese Liebeserklärung zur Tat werden lassen. Was uns so unendlich schwer fällt: unsere Liebe zu beweisen, das hat Gott getan. Er ist in Jesus Christus ein Menschen geworden, um uns nahe zu sein. Und mit dem Bekenntnis Gottes zu Jesus in der Geschichte von der Verklärung endet die Reihe der Sonntage nach Epiphanias, die an diese Menschwerdung Gottes erinnern: An Gottes Liebe zu uns in Jesus Christus »für immer und ewig«.

»Für immer und ewig« – die Liebe Christi bleibt. Das ist das Thema, das uns die Schwestern und Brüder in Tansania über den diesjährigen Partnerschaftssonntag geschrieben haben. Das Evangelium, das zu dieser Überschrift gehört, erzählt in besonderer Weise davon, wie wir mit Jesus verbunden sind. Wie sehr wir uns auf seine Fürsorge verlassen können, mit einer Festigkeit und Gültigkeit, die ihres Gleichen sucht. Das Entscheidende daran ist: Die Verbindung haben nicht wir geschaffen, das Band, das uns mit Jesus verbindet, ist von ihm aus ausgelegt und bindet uns fest an ihn: „Nicht ihr habt mich, sondern ich habe euch erwählt,“ sagt Jesus. Das Band, mit dem er uns an sich bindet, das ist das Band der Taufe.

Besonders wichtig dabei ist für Jesus, dass es nicht nur um den Einzelenen geht, der da mit Jesus verbunden ist. Das ist ja in unserer Zeit so schnell in den Köpfen der Menschen drin: Da werde ich getauft, oder mein Kind, da sagt Gott „Ja“ zu mir oder zu meinem Kind, darauf kommt es den meisten an. Und doch ist die Taufe ja nicht nur das. Sie hat einen Mehrwert, der weder mit 7 noch mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt wird: Der Mehrwert der Taufe ist die Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden; für uns gehören heute – aber nicht nur heute – die Christen im Kirchenkreis Tambarare ganz besonders dazu.

Jesus geht es um die Gemeinschaft derer, die im gemeinsamen Glauben verbunden sind. Die Schwestern und Brüder im Glauben sollen sich natürlich nicht befehden, sie sollen aber auch nicht gleichgültig nebeneinander her leben. In der Gemeinde soll christliche, geschwisterliche Liebe herrschen. Jesus erbittet es nicht nur, er befiehlt es: „Das gebiete ich euch, dass ihr euch untereinander liebt.“
Dass diese Liebe untereinander nicht immer einfach durchzuhalten ist, wissen wir trotz allem Bemühen darum. Da mag es dann für manche schwierig erscheinen, ob das denn mit der Liebe Gottes so sicher ist. Besonders dann, wenn die eigene Situation schwierig, ja bedroht ist: wenn menschliche Beziehungen immer wieder versagen. Einzelne erfahren diese Fragezeichen hinter der Liebe Gottes, wenn sie in schwierige Situationen kommen: wenn Beziehungen durch Tod oder Streit zerstört werden, wenn der Lebensentwurf ins Wanken gerät. Aber auch ganze Gemeinden stehen manchmal vor der Frage: Wie sollen wir das nur schaffen, welche Berge von Problemen türmen sich da auf; nicht nur aber vor allem auch finanzielle Probleme; neue Strukturen in der Gemeinde und im Kirchenkreis; man kann sich nicht vorstellen kann, dass es anders werden soll.

Von Anfang an sind solche Gefühle mit dem Wort Bedrängnis beschrieben worden. Eben dann, wenn es eng wird um einen herum, wenn nichts mehr von der Weite des Lebens zu spüren ist. Die Liebe Gottes, die uns in der Taufe zugesagt ist, ist auch in solchen Situationen der Bedrängnis unauflöslich. Davon schreibt der Apostel Paulus im achten Kapitel seines Briefes an die Gemeinde in Rom. Das ist der Predigttext, der uns heute unter der Überschrift „»Für immer und ewig« – die Liebe Christi bleibt.“ gestellt ist. Paulus schreibt:

Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht: »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« Aber in dem allen tragen wir einen überwältigenden Sieg davon durch den, der uns geliebt hat.
Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Im ersten Moment möchte ich antworten: „Niemand, niemand kann gegen uns sein“, weil ich für mich wohl ergänze: „Niemand, der stärker ist als wir es sind.“ Eine andere Antwort ist ebenso richtig: „Alle! Alle können gegen uns sein, das macht uns nichts aus“, weil wir ergänzen: „Alle können gegen uns sein, solange Gott für uns ist.“

Und damit sind wir mitten in der Situation, die Paulus für uns vor Augen hat: die Situation eines Gerichtes, wo wir uns verteidigen sollen dafür, dass wir uns zu Gott und Christus halten. Da steht wohl so einer wie wie ein Ankläger auf, der ein niederschmetterndes Urteil über unser fordern will. Doch da steht Gott selbst neben uns, der uns gerecht spricht, da steht Jesus neben uns und hält die Verteidigungsrede, der kein noch so gerissener Winkeladvokat widerstehen kann. Und dann fordert Paulus den Ankläger heraus, sich zu erkennen zu geben: denjenigen, der uns unser Leben zerstören will: „Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“

Manches kennen wir: Trübsal und Angst; anders ist uns hier eher fremd. Doch was für uns heute keine Gefahr mehr zu sein scheint, ist andernort auch heute noch Realität: die meisten Verfolgten um des Glaubens willen auf der Erde sind Christen. Aber auch wenn wir die eine oder andere nicht kennen, nur eine dieser Bedrängnisse reicht ja schon aus, und sie sind Realität. Das macht Pualus mit dem Zitat aus Psalm 44 deutlich: »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« Das, was er vorher genannt hat, bedrängt den Glaubenden in seinem Glauben, ist Realität.

Wie in vielen der Psalmen, die die Bedrängnis des Menschen darstellen, kommt nun aber auch bei Paulus ein „Aber“: „Aber in dem allen überwinden wir weit“ – so heißt es in der Lutherübersetzung – „Aber in alledem tragen wir einen überwältigenden Sieg davon!“ ist gemeint. Trotz all der Bedrängnis, der die Menschen ausgesetzt sind, sogar um ihres Glaubens willen – trotz all der Bedrängnis steht da die unbezwingbare Zuversicht, diese Bedrängnis zu bestehen.

Paulus hat dabei nicht den unbesiegbare christlichen Einzelkämpfer hat er vor Augen, der da mit geradezu überirdischen Kräften alles abwehrt, was andere längst umgehauen hätte. Nein, Paulus spricht immer in diesem Abschnitt immer vom „Wir“, von der Gemeinde. Ohne sie geht es nicht. Vielliecht ist es diese Mehrzahl in der Formulierung, dieses „Wir“, dass dieser Text für heute zum Predigttext geworden ist. Denn auch wenn uns von den Menschen in Tambarare viele tausend Kilometer trennen, dieses Wir gilt. In allen Bedrängnissen, die uns zugemutet werden, dürfen wir uns in diesem Wir verbunden wissen.

Da möchte mancher wohl fragen: „Ein so ernster Text für die Feier einer Partnerschaft? Hätte es da nicht auch ein fröhlicher Text getan, einer der von Freude und Jubel spricht?“ Ich bin dankbar für diesen Text in dieser Situation. Denn ein fröhlicher Text hilft nicht immer zu Freude. Ein fröhlicher Text in ernste Zeiten hinein gesagt kann auch dazu führen: Dieser Text ist ein ernster Text; aber gerade deshalb ein weiter führender Text. Denn mit seiner tiefen Glaubensüberzeugung ist es ein Text, der uns in unseren Zwiespältigkeiten unseres Lebens einen Weg des Vertrauens weist: dass uns nicht alles, was uns umgibt, alle Sorgen und Probleme überrennen, sondern dass wir dem allen widerstehen können: mit der Kraft der Liebe Gottes, der Kraft, die uns den Rücken stärkt, sodass wir vor keiner Macht zurückschrecken müssen, und sei sie noch so groß und mächtig: Hölle, Tod und Teufel werden nicht weggeredet oder banalisiert. Ihre Macht wird ernst genommen. Paulus sieht ihr mit uns zusammen ins Auge und gerade deshalb wird der Widerstand gegen diese Mächte möglich. Entscheidend für Paulus ist dabei, dass diese Standhaftigkeit im „Wir“ der Glaubenden, in der Gemeinshaft der Getauften sich ereignet. Alleine, auf uns selbst und unsere oft kleine Kraft gestellt, wären wir wohl verloren. Aber nicht in der Gemeinschaft.

An einem Tag wie heute kommt die Partnerschaft mit Tambarare besonders in den Blick. Die begeisterte Freudigkeit des Glaubens dort strahlt zu uns herüber, trotz aller Schwierigkeiten, die es auch dort gibt. Der Predigttext heute kann und darf ernst und nachdenklich sein und von den Bedrängnissen des Lebens sprechen. Seine Strahlkraft des Glaubens bekommt er durch die Menschen, die uns diesen Text als Trosttext und als Wort der Ermutigung in bedrängter Zeit schicken. Und deshalb dürfen und können wir in den freudigen Lobpreis und Gruß aus Tambarare mit unserem kräftigen und überzeugten „Amen“ einstimmen: Bwana Yesu asifiwe!

Amen.

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