Predigt am 5. Sonntag nach Trinitatis in Holtrup

Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Heilige Geist segne unser Reden und Hören. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Es ist eine geradezu unglaubliche Geschichte, die Lukas uns da erzählt: Weniger, dass die Leute in Massen kommen, um Jesus zu hören; das können nur wir heute uns in unserer kirchlichen Wirklichkeit im Deutschland des Jahres 2010 nur schwer vorstellen: dass die Leute strömen, um Gottes Wort zu hören. Damals scheint das zwar auch nicht ganz selbstverständlich gewesen zu sein, sonst hätte es Lukas nicht berichtet. Aber als ein besonderes Wunder sieht er es trotzdem nicht an. Nur das, was dann passiert, nachdem Jesus zuende gesprochen hat, das verschlägt auch Lukas fast die Sprache: Die Noch-nicht-Jünger Petrus und Andreas sollen am hellichten Tag hinausfahren, um zu fischen, auch noch da, wo es tief ist! Fällt einem dazu noch etwas ein? Am Tag tauchen die Fische doch ins tiefe Wasser ab, dahin, wo man mit dem Netz gar nicht mehr hinkommt. Und wenn man es die ganze Nacht schon versucht hat, dann ist es am Tag doch erst recht nicht möglich.

Aber der Erfolg gibt Jesus schließlich recht: Petrus und Andreas fangen so viel Fisch, dass es die Netze nicht halten können; sie müssen ihre Freunde rufen, die ihnen helfen sollen und gemeinsam bringen sie ihren Superfang ans Ufer. Und da steht ihnen dann eine ganz andere Herausforderung bevor: Alles stehen und liegen lassen sollen sie und Jesus nachfolgen. Petrus ist der Aura dieses Jesus nicht gewachsen. Er tut es und sein Bruder und seine beiden Freunde auch: sie lassen alles stehen und liegen und gehen mit. Unser lieber Chronist Lukas hat uns nur ein Detail nicht mehr überliefert: was denn aus dem Fang geworden ist, den Petrus da gemacht hat; den können sie doch nicht einfach am Strand des See Genezareth liegen gelassen haben. Ich befürchte, dass Lukas der damaligen Gesellschaftsordnung gefolgt ist, und einfach nicht berichtet hat, was damals wohl Frauensache gewesen wäre: die Verarbeitung des Fisches. Zumindest die Versorgung der Familie wäre damit aber für die nächste Zeit gesichert gewesen.

Fassen wir die Geschichte noch einmal zusammen, um das herauszubekommen, was in besonderer Weise wichtig ist: Das Wort Gottes wird verkündigt an viele Menschen, das ist nicht das Besondere und es ist auch heute nicht das Besondere. Und dass auf Jesu Wort hin die Jünger einen großen Fang machen – das ist zwar außergewöhnlich, aber bei Jesus ist das nun auch nicht weiter verwunderlich. Er hatte ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem See; die Geschichten von der Sturmstillung und vom Seewandel erinnern ebenfalls daran.

Aber das, was dazwischen liegt – das ist das, was wir fast überlesen, weil wir die Geschichte ja schon zu kennen meinen, was uns aber ebenso wie den Menschen damals die Sprache verschlagen müsste: Dass Menschen auf das Widersinnigste hören, was man sich vorstellen kann; dass sie auf das hören, was jeglicher Vernunft Hohn spricht, was jeder Erfahrung widerspricht.

In dieser Geschichte vom Fischzug des Petrus ist an dieser Stelle das abgebildet, was vom christlichen Glauben als Ganzem auch zu sagen ist: Er ist das Verrückteste, was man sich vorstellen kann, er widerspricht aller Vernunft; er fällt aus jeder Konvention heraus, wenn man ihn ernst nimmt; dieser Glaube an diesen gekreuzigten und Auferstandenen Jesus Christus sperrt sich einfach gegen alles, was sonst gesellschaftlich akzeptiert ist.

Sie stimmen mir nicht zu? Sie glauben mir nicht? Ich kann es verstehen und trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung. Ich habe auch einen Freund und Zeugen dafür, den ich jetzt hier zitieren möchte. Mein Freund hat einmal Folgendes geschrieben (1.Kor 1,18-25):

18 Mit der Botschaft vom Kreuz ist es nämlich so: In den Augen derer, die verloren gehen, ist sie etwas völlig Unsinniges; für uns aber, die wir gerettet werden, ist sie der Inbegriff von Gottes Kraft. 19 Nicht umsonst heißt es in der Schrift: »Die Klugen werde ich an ihrer Klugheit scheitern lassen; die Weisheit derer, die als weise gelten, werde ich zunichte machen.« 20 Wie steht es denn mit ihnen, den Klugen, den Gebildeten, den Vordenkern unserer Welt?

Ach Entschuldigung, das „ihnen“ ist hier gar nicht groß geschrieben, es bezieht sich also nicht direkt auf Sie hier in der Kirche. Also noch einmal:

Wie steht es denn mit ihnen, mit den Klugen, den Gebildeten, den Vordenkern unserer Welt? Hat Gott die Klugheit dieser Welt nicht als Torheit entlarvt? 21 Denn obwohl sich seine Weisheit in der ganzen Schöpfung zeigt, hat ihn die Welt mit ihrer Weisheit nicht erkannt. Deshalb hat er beschlossen, eine scheinbar unsinnige Botschaft verkünden zu lassen, um die zu retten, die daran glauben. 22 Die Juden wollen Wunder sehen, die Griechen fordern kluge Argumente. 23 Wir jedoch verkünden Christus, den gekreuzigten Messias. Für die Juden ist diese Botschaft eine Gotteslästerung und für die anderen Völker völliger Unsinn. 24 Für die hingegen, die Gott berufen hat, Juden wie Nichtjuden, erweist sich Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. 25 Denn hinter dem scheinbar so widersinnigen Handeln Gottes steht eine Weisheit, die alle menschliche Weisheit übertrifft; Gottes vermeintliche Ohnmacht stellt alle menschliche Stärke in den Schatten.

So weit mein Freund und Zeuge. Auf seine Weise war er – er lebt leider nicht mehr – ein völlig abgedrehter Typ, den es nicht gekümmert hat, was andere von ihm persönlich dachten. Ihm ging es nur darum, dass die Menschen die Botschaft, die ihn erfüllte und die er auszurichten hatte, in ihr Herz schlossen. Er war der erste Theologe des Christentums. Haben Sie ihn erkannt?

Es ist der Apostel Paulus gewesen; aus seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth habe ich zitiert, nach der sogenannten Neuen Genfer Übersetzung. Der Abschnitt aus dem 1. Kapitel, die Verse 18-25, sind der eigentlich für heute vorgeschlagene Predigttext.

Hören wir auf Paulus. Wir sollten uns nicht immer blind von den so tollen Vernunftgründen leiten lassen, die wir immer anbringen, wenn wir uns in unserem Kleinglauben etwas nicht vorstellen können und uns nicht trauen, etwas auf die Beine zu stellen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es der Teufel ist, der unsere Vernunft benutzt, um uns mit immer weiter von Gott wegzubringen.

Wenn wir nämlich in unserer heutigen Zeit vor allem bei uns in Westeuropa die Erfahrung machen, dass die Kirche bei aller Vernunft, die wir aufwenden, immer weniger wird, sollte uns das zu denken geben. Wir sollten uns vielmehr von dem leiten lassen, was uns Jesus sagt, so verrückt es im ersten Moment auch klingen mag. Wir sollten uns von dem leiten lassen, was uns Paulus ins Stammbuch unseres Glaubens schreibt. Die Schwestern und Brüder in unserem Partnerkirchenkreis Tambarare machen es uns vor.

Ich meine damit nicht: Je verrückter je besser und um jeden Preis. Es geht nicht darum, nur Krawall oder Party zu machen nach dem Motto je oller je doller. Ich meine: Auf Jesus hören und mutig und hart arbeiten und das wagen, was er uns sagt. In diesem Sinn und mit dieser Hoffnung taufen wir junge Menschen. Amen.

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