Erntedank-Predigt 2015

Predigt-Icon5Liebe Schwestern und Brüder in Christus!
Die meisten von uns werden Werbung dieser Art kennen: „Ein neuer Anzug für 150,00 Euro, eine neue CD für 17,95 Euro, eine neue Frisur für 45,00 Euro, eine neue Sofa-Garnitur für 500,00 Euro – ein unbeschwertes, fröhliches Kinderlachen – unbezahlbar. Das wirklich Wichtige im Leben kann man sich nicht kaufen. Für alles andere gibt es die eine bestimmte Kreditkarte.“

Es gibt im Leben Dinge, die im Leben ganz wichtig sind, die man aber nicht kaufen und anhäufen kann: eben so etwas wie ein unbeschwertes Kinderlachen, die Dankbarkeit im Blick eines Menschen, dem wir nach einem Sturz aufgeholfen haben, die Liebe von Ehepartnerin oder Ehepartner, die Freude des Wiedersehens nach einer langen Abwesenheit und vieles mehr. Wir brauchen aber keine Werbung einer Kreditkartenfirma, um das zu wissen: Denn diese Werbung will uns nur dazu verführen, unser nicht vorhandenes Geld auch noch auszugeben.

Wir wissen: das, was das Leben wirklich ausmacht, das können wir uns nicht kaufen. Und diese Erkenntnis ist nicht besonders neu, sondern mindestens 2000 Jahre alt. Denn schon Jesus hat uns das mit einem seiner Gleichnisse sehr deutlich vor Augen geführt. Er erzählt das Gleichnis vom reichen Kornbauern, um die Verhältnisse von Besitz und Erfüllung im Leben deutlich zu machen.

Im Lukasevangelium wird im 12. Kapitel berichtet (Luther 1984 © Dt. Bibelgesellschaft):
15 Und Jesus sprach zu den Menschen um ihn herum: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. 16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. 17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. 18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! 20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Liebe Gemeinde am Erntedankfest!
Auf den ersten Blick hat der Bauer alles richtig gemacht: Er hat es gut, sein Feld hat reich getragen, die Ernte fällt gut aus. Das erleben wir heute genauso in vielen Bereichen unseres Lebens, wo wir sagen können: Die Ernte ist eingebracht, der Gewinn ist gesichert. Und was der Kornbauer tut, das hatte auch Joseph in Ägypten schon gemacht. Er hat die 7 fetten Jahre genutzt, um für die 7 mageren Jahre vorzusorgen. Und das wird in den Josephsgeschichten ausdrücklich gelobt, weil er damit das Überleben der Menschen gesichert hat: das der fremden Ägypter, in deren Land er sich befindet, und das seiner Familie, die später auch von der Hungersnot betroffen ist und sonst keine Chance mehr zum Überleben gehabt hätte. Die reiche Ernte ist nicht das Problem, sondern, das, was er mit ihr anfangen will.

Das Problem des Kornbauers fängt da an, wo er das richtige Maß verliert, weil er die Massen des Korns nicht mehr richtig einschätzen kann. „Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.“ Diese Worte zeigen es deutlich. Es war doch die gleiche Größe des Feldes wie im Jahr vorher, da hatte er genug Platz, um seine Ernte zu lagern. Jetzt gilt das alles nicht mehr; was bisher war, hat keinen Wert mehr. „Ich habe nichts …“ Ich befürchte, wir alle sind ganz oft so gestrickt, dass wir in diese Falle tappen, das Neue nimmt uns so gefangen, dass das bisherige keinen Wert mehr hat.

Und das Problem des Kornbauers geht weiter, wenn er sich in Gedanken zur Ruhe setzen will: „Ich will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!“ Der reiche Kornbauer sieht seinen Reichtum, seinen Überfluss, seinen Vorrat für viele Jahre als Sicherheit für die Zukunft. Doch diese Sicherheit erweist sich als trügerisch, als absolut unzuverlässig. Die Länge des eigenen Lebens und das Gelingen dieses Lebens hängen eben nicht von den prall gefüllten Scheunen oder dem noch praller gefüllten Bankdepot ab. Dadurch hat keine Seele Ruhe. Ganz im Gegenteil: Wer sehr viel Geld hat, ist allem Anschein nach ganz oft von der großen Unruhe gepackt, die einen sagen lässt: „Ich habe nichts, ich muss vielmehr noch dies und das.“

Ich möchte gerne klarstellen, dass es in diesem nicht darum geht, den Beruf des Landwirtes zu kritisieren. Wenn Jesus heute leben würde, hätte er eher einen Manager aus dem Industrie- oder Bankenbereich als Beispiel genommen. Es bleibt die Frage danach, was denn dieses Gleichnis zu einem Text für das Erntedankfest gemacht hat. Die Antwort finden wir in einer weiteren Frage in diesem Gleichnis: „Wem wird gehören, was du angehäuft hast?“ Diese Frage führt uns vor Augen: Der reiche Kornbauer ist allem Anschein nach ganz alleine mit seiner guten Ernte, mit seinem Glück. Wenn niemand zum Erben da ist, gibt es wohl auch niemanden, mit dem er vorher würde teilen können. Der andere Mensch, die Menschen neben dem Kornbauern sind nicht da, es gibt sie nicht.

Diese Frage erschließt so auch das, was mit dem Schlusssatz von der Gleichnisrede Jesu gemeint ist: „So,“ sagt Jesus, „geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“ Was heißt es, reich bei Gott zu sein? Ich bin mir sicher, dass es nicht darum geht, sich den Himmel zu erkaufen. Das gerade nicht. Reich bei Gott werden wir, wenn wir die Menschen neben uns in den Blick bekommen, die mit denen wir unser Leben teilen; die, mit denen wir den Überfluss unserer guten Ernte ebenso teilen können wie die Katastrophen einer möglichen Missernte.

„Liebe Seele, habe nun Ruhe und habe guten Mut!“ Die Worte des reichen Kornbauers formulieren die große Sehnsucht der Menschen. Und besonders die, die im Leben nie genug bekommen, und immer zum Nächsten jagen müssen, so glaube ich, sind ganz besonders von dieser Sehnsucht getrieben. Aber Ruhe für unsere Seele – das Gefühl des gelingenden Lebens – finden wir, so sagt es uns Jesus, gerade nicht in den Bergen von Besitz, den wir um uns herum anhäufen.

Jesus lässt uns so mit seinem Gleichnis eine ganz besondere Spur des Lebens entdecken. „Himmlisch motiviert – dem Leben auf der Spur“ – so heißt der Leitsatz für unsere Gemeinde, der auf der Klausurtagung des Presbyteriums entstanden ist. Wir haben es vorhin als Kehrvers beim Psalm gesungen. Und mit dem Tag heute, mit dem Erntedanktag haben wir die Chance, diesen Satz aus einem besonderen Blickwinkel zu betrachten.

Himmlisch motiviert – die beiden ersten Worte zeigen uns, woher wir unsere Möglichkeiten und unsere Motivation haben: Wie alles in unserem Leben, das tägliche Brot und das, was weit über das zum Leben Notwendige hinaus geht und für das wir jeden Tag und besonders heute danken können, wie alles das von Gott kommt, so kommt eben auch alles, was uns als Christen und unsere Gemeinde ausmacht, von Gott: unser Glauben und das, was uns alle immer wieder neu antreibt, unser Vertrauen auf Gott zu setzen. Die Botschaft von Kreuz und Auferstehung Jesu als Grundlage für unseren Glauben, wie wir es ja auch mit dem Abendmahl immer wieder neu bezeugen, auch diese Botschaft kommt von Gott. Und von ihm dürfen wir auch das zu erwarten, was unser Leben reich und schön macht – als einzelne Christen und als Gemeinde. So dürfen wir uns getragen und motiviert wissen: aus dem Himmel, von Gott und von Jesus Christus.

Und mit diesen Gaben wollen wir „dem Leben auf der Spur“ sein. Dieser zweite Teil unseres Leitsatzes soll so etwas wie das Programm für uns als Kirchengemeinde in einem Begriff sein. Wir wollen immer neu entdecken, wo sich im Bereich unserer Gemeinde das Leben abspielt und wir wollen dieses Leben gestalten. Gemeint ist damit gerade nicht, dass wir die Schätze unserer Gemeinde horten und uns gemütlich zurücklehnen wollen. Das Gleichnis vom reichen Kornbauern kann uns vielmehr helfen, immer wieder neu das wunderbar große Geschenk, das Gott uns macht, zu nehmen und es nicht in die Scheunen einzulagern, sondern es einzusetzen. Und es ist ein großer Reichtum, der uns geschenkt ist und den wir immer wieder neu entdecken können: Es sind vor allem die Menschen, die sich einsetzen für die Gemeinde und für andere, die Gott zu unseren Nächsten macht. Und da ist es ganz gleich, ob das mein Nachbar ist, den ich schon seit Kindertagen kenne, oder mein neuer Nachbar der gerade erst vor ein paar Tagen als Flüchtling zu uns gekommen und jetzt eingezogen ist.

Die Kraft dafür können wir getrost von Gott erwarten. Die Menschen, die die wir dazu brauchen, werden wir sicherlich auch finden, wenn zu spüren ist, dass es um das Leben geht. Und deshalb ist es besonders an einem Tag wie heute gut voller Dankbarkeit auf das zu sehen, was Gott uns schenkt, und uns von Jesus auf die Spur setzen zu lassen: dahin, wo das Leben zu finden ist. Himmlisch motiviert und dem Leben auf der Spur.
Amen.

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