Pfingstsonntags-Predigt 2017

Predigt-Icon5Liebe Festgemeinde!
Pfingsten – das Brausen, das alles zu durchdringen scheint, Zungen wie von Feuer, eine mitreißende Predigt, sodass auf einen Satz 3000 Menschen zur Gemeinde dazu kommen, die vorher noch nicht direkt mit Jesus zu tun gehabt hatten. Pfingsten – Fest der Heiligen Geistes und Geburtstag der Kirche, Ausgangspunkt für einen der größten Siegeszüge einer Glaubensüberzeugung, solange Menschen zurückdenken können. Ausgangspunkt für eine weltweite, ökumenische Kirche, die eine unglaubliche Vielfalt von Glaubensweisen und Glaubenstraditionen unter dem Bekenntnis zu Jesus Christus als dem Sohn Gottes, dem Retter und Tröster vereint: von A wie Abendmahl über C wie Charismatische Bewegung, E wie evangelisch, H wie Herzensgebet, K wie katholisch, O wie orthodox, T wie Taufe bis hin zu Z wie Zungenrede.

Das sollen und das wollen auch wir heute weitertragen und weitergeben. Um etwas von dem zu erfahren, habt Ihr, die neuen KU8-Konfis, vor 3 Wochen mit dem 2. Teil des Konfirmandenunterrichtes angefangen. Das alles – alles, was die Kirche heute ausmacht an Glauben und Strahlkraft; das alles, womit die Kirche auch heute Salz der Erde und Licht der Welt nach der Verheißung Jesu ist – alles das hat an und mit Pfingsten angefangen.

„… Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“ – Viel werden die Zeile aus dem berühmten Stufen-Gedicht von Hermann Hesse kennen. Sehen wir auf die Pfingstgeschichte des Lukas mit ihrer Dramatik und ihrem Schwung, mit ihrer grandiosen Reichweite und ihrem fulminanten Ergebnis, werden wir diese Gedichtzeile nur zu gerne bestätigen wollen: War das damals ein Auftakt für inzwischen fast 2000 Jahre Christentumsgeschichte! Wie beim Fußball das 1:0 nach 30 Sekunden, wie ein Bühnenfeuerwerk, wenn die umjubelten Künstler auf die Bühne kommen und das Konzert ein absoluter Megaevent zu werden verspricht.

„… Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“ – So wunderbar das mit dem Geburtstag der Kirche ist, so toll der Begeisterungssturm bei ersten Pfingstfest war – also der Zauber des Anfangs – so sehr müssen wir aber auch sehen, dass dieser Anfang nicht ohne ein Ende möglich war und Hermann Hesses Satz dann auch so klingen könnte: „… Und jeder Anfang trägt ein Ende in sich …“

Und damit sind wir mitten drin im Predigttext für den heutigen Pfingst-Sonntag, denn auch der Aufbruch der Pfingstgeschichte ist nicht ohne ein Ende, ohne einen Abschied möglich gewesen. Wir machen dazu einen Sprung zurück in die Zeit vor Auferstehung und Kreuzigung und sehen Jesus und seine Jünger am letzten Abend vor Jesu Tod. Nach Johannes bereitet Jesus die Seinen ganz genau auf die Zeit nach seinem Tod vor. Hören wir zunächst auf drei Verse aus dem 16. Kapitel im Evangelium nach Johannes. Da sagt Jesus:

5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin?
6 Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. 7 Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.

Damit etwas Neues werden kann, muss vorher etwas Altes aufhören, zuende gehen. So sehr wir das – wie die Jünger damals – bedauern mögen; es ist einfach so. Bevor der neue Trainer anfangen kann, muss der alte aufhören; ebenso ist es bei Chorleitern und Bundeskanzlern, bei Pfarrern und Klassenlehrern. Ich gebe es zu – manchmal wird das Ende einer Amtszeit eher herbeigesehnt, als dass der Abschied schwer fällt. Aber das ist bei Jesus ja nicht der Fall. Seine Jünger erwarten alles von ihm und wollen mit ihm durch Dick und Dünn gehen.

Und Jesus macht ihnen deutlich: „Auch wenn Euch das im ersten Moment traurig macht, auch wenn ihr für eine kurze Zeit sogar die Perspektive für Euren weiteren Weg verlieren werdet, habt keine Angst und versinkt nicht in Depressionen. Dieser Schritt ist sinnvoll und notwendig.“ Und wir können für uns ergänzen: Wenn Jesus in seiner weltlich-körperlichen Gestalt nicht gegangen wäre, wie sollte er dann an allen Orten gegenwärtig sein?

Für die Jünger war es ein harter Abschied, aber rückblickend werden sie alle den Worten Jesu zugestimmt haben. Nur so konnte aus der lokalen Aussteigergruppe die weltweite Kirche werden, die Jesus als den Christus bis an die Enden der Erde bezeugen soll.

Jesus hat den Heiligen Geist als den Tröster verheißen, den „Fürsprecher“ und den „Beistand“. Da könnte man ja sagen: alles klar, damit ist auch gesagt, was der Heilige Geist tun soll: Trösten, Fürsprecher sein und den Gläubigen in den unterschiedlichsten Situationen beistehen. Aber weit gefehlt. Jesu hat noch ganz andere Vorstellungen davon, was der Geist tun soll. Hören wir die nächsten 3 Verse aus dem 16. Kapitel des Johannesevangeliums:

8 Und wenn er – der Tröster – kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; 9 über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; 10 über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; 11 über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist.

Nicht nur für die Christen ist der Geist da, sondern auch für die Welt – also für die, die abseits des Glaubens und der Kirche stehen. Und allen wird er aufdecken und klar machen, allen wird er ans Licht und an den Tag bringen, was mit den drei großen Stichworten des christlichen Glaubens gemeint ist: Sünde, Gerechtigkeit und Gericht. Und auch wenn wir heute und hier den Geburtstag der Kirche feiern, ist es bestimmt gut, einen kurzen Blick auf diese drei Begriffe zu werfen, die zunächst so gar nicht zu einer fröhlichen Party zu passen scheinen. Aber sie sind die entscheidenden Gründe, warum Pfingsten wirklich ein Grund zum Feiern ist.

Sünde: das ist, sich von Gott abwenden; eben kein moralischer Zeigefinger, der immer nur „Du, du, du!“ macht und kleine Sünden sofort und die großen nach neuen Monaten bestraft. Wer mit Gott in einer lebendigen Beziehung steht, braucht keinen solchen Zeigefinger.

Gerechtigkeit: Jesus bleibt nicht in Jerusalem, er ist nicht im Besitz von einigen wenigen, die meinen, ihn für sich reklamieren können nach dem Motto: „Jesus gehört uns, wir alleine haben ihn und bestimmen, wer etwas von ihm abbekommt.“ Nein. Jesus ist bei seinem Vater und wendet sich allen gleichermaßen und gerecht zu.

Gericht: Der Fürst dieser Welt ist gerichtet. Gericht ist nicht Fegefeuer, in dem wir eine unendlich lange Zeit schmoren müssen, bis irgendwann einmal das Ende der Welt gekommen ist und wir gaaanz vielleicht Zugang zum Himmel bekommen. Auch diese Vorstellung ist Machtmissbrauch einiger gegenüber vielen. Richtig ist vielmehr: Jesus hat die Macht des Bösen ein für allemal zerbrochen und gerichtet. Die Herrschaft des Teufels, des altbösen Feinds ist zerbrochen – „ein Wörtlein kann ihn fällen“, wie Martin Luther es in „Ein feste Burg ist unser Gott“ gedichtet hat. Das ist die Botschaft der Freiheit von aller Macht des Bösen. Zu dieser Freiheit befreit uns Jesus Christus.

Schließlich: Die Jünger und damit auch wir brauchen keine Angst zu haben, dass dieser Geist mit seinen Weisungen etwas anderes wäre als Jesus selbst, oder etwas anderes sagen würde, als es Jesus selbst gelehrt hätte. Dazu die letzten Verse des Predigttextes aus dem 16. Kapitel des Johannesevangeliums:

12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. 13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. 14 Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen. 15 Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er nimmt es von dem Meinen und wird es euch verkündigen.

Gleich – im Nizänischen Glaubensbekenntnis – werden wir es sprechen: Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird.“ Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Vater und Schöpfer, dem Sohn und Erlöser und dem Geist, dem Tröster und Inspirator. Unser Gott ist einer. Aus seinem Wirken entstand am 50. Tag nach Ostern die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche, der Leib Christi, zu dem wir im Abendmahl immer wieder neu verbunden werden, wenn wir Brot und Kelch empfangen und untereinander teilen. Und aus seinem Wirken erhält diese Kirche bis heute immer wieder neu den glaubenstärkenden und lebenschaffenden Geist von Glaube, Hoffnung und Liebe, der sie durch die Zeiten gehen lässt – und zwar nicht rückwärtsgewandt mit einem „Ach war das damals schön!“ auf den Lippen, sondern in die Zukunft.

Und deshalb – bei aller konstruktiven Kritik, die für die Kirche als Organisation immer auch angebracht ist:
Liebe Kirche – zum Geburtstag: Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen. Ein fröhliches Herze, das schenke dir Gott. Amen.

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