Predigt am 8. Juli 2018

Predigt-Icon5Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Heilige Geist segne unser Reden und Hören. Amen.

Liebe Gemeinde!
Taufe – was ist das eigentlich, was bedeutet das? Es gibt ganz viele und ganz unterschiedliche Antworten auf diese Frage: Taufe ist Gottes JA zu einem Menschen, Taufe ist Aufnahme in die Gemeinde; neben dem Abendmahl ist die Taufe das zweite Sakrament der Kirche der Evangelischen Kirche; Taufe bedeutet für viele auch so etwas wie eine Art Schutzschild oder Schutzmantel für den Menschen.

Was Taufe auch bedeutet, sagt die Geschichte vom äthiopischen Kämmerer auf eine – wie ich finde – ganz eindrückliche und doch so einfache Weise: „Der Kämmerer zog aber seine Straße fröhlich.“ Seine Straße – also den weiteren Weg des Lebens– fröhlich unterwegs sein – das bedeutet Taufe auch; neben allem, was theologisch dazu zu sagen ist, auch neben allem, was sich an volkstümlichen Vorstellungen mit dem Stichwort Taufe verbindet.

Was hatte der Mensch aus dem fernen Afrika nicht alles auf sich genommen, um mit diesem Gott in Kontakt zu kommen: der unglaublich weite Weg auf einem Wagen, der von Ochsen oder Pferden gezogen wurde; durch die Wüste Sinai, um dann am Ziel, dem Tempel in Jerusalem angekommen, feststellen zu müssen, dass er als Eunuch gar nicht bis in den eigentlichen Tempelbereich hinein durfte. Trotzdem hatte er sich nicht entmutigen lassen, hatte wohl eine Ahnung, dass dieser Gott Israels, von dem er schon so viel in seiner Heimat gehört hatte, nicht nur im Jerusalemer Tempel zu finden sein könnte, sondern auch in dem, was von ihm verkündigt wird – vor allem in den Schriften der Propheten.

Und so hatte er sich eine solche Rolle gekauft: den Propheten Jesaja. Dann war er wieder aufgebrochen – irgendwie mit dem Gefühl: Ja, er war Gott zwar irgendwie näher gekommen, aber eine richtig persönliche Beziehung hatte sich nicht entwickelt. Es war, als ob das Bindeglied zwischen ihm und Gott noch fehlen würde. Und dann hatte dieser Mann am Weg gestanden und aus einer Eingebung heraus hatte er ihn angesprochen. Und es war, als hätte sich ihm je länger sie gesprochen hatten, desto mehr der Himmel geöffnet. Für ihn war klar geworden: Dieser Jesus von Nazareth war das entscheidende Bindeglied zwischen ihm und Gott! Und die Taufe war die Möglichkeit für ihn, sich ganz fest mit diesem Jesus und damit mit dem Gott der Hebräer zu verbinden.

„Was hindert’s, dass ich mich taufen lasse?“ – Wenn ein Mensch davon überzeugt ist, dass die Verbindung zu Jesus für ihn ganz wichtig geworden ist, kann alles ganz schnell gehen.Erst späteren Generationen ist diese Bekehrung etwas zu schnell gegangen und sie waren der Meinung, dass doch wenigstens noch ein explizites Bekenntnis zu Jesus als dem Christus und Gottessohn nötig wäre. In einem späteren Einschub heißt es: Philippus aber sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so kann es geschehen. Er aber antwortete und sprach: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Aber davon weiß Lukas nichts. Die Frage des Taufbewerbers ist für ihn Bekenntnis genug.

Und nachdem der Kämmerer seinen Jesaja gelesen und dann auch mit Hilfe des Philippus verstanden hatte, und nachdem er sich von dem Jünger Jesu hatte taufen lassen, könnte er vielleicht – doch das ist nicht bei Lukas überliefert – eine weitere Schriftrolle aus seinem Gepäck gezogen haben, die das Buch der Psalmen enthielt. Und er könnte bei einem Psalm an einer Stelle hängen geblieben sein, die sich bei ihm zu einer Melodie formte. Bei Psalm 82 hatte er mit dem Lesen begonnen und gleich der zweite Vers hatte seine Stimmung nach der Taufe auf ganz besondere Weise widergespiegelt.

Da heißt es: „Ja, ich will singen von der Gnade des Herrn und seine Wahrheit verkünden Tag für Tag.“ Und wir können diese freudige Stimmung des Kämmerers aufnehmen, denn dieser Psalmvers findet sich auch bei uns in unserem Gesangbuch. Die Art der Musik wird sicherlich ganz anders sein, als die vor fast 2000 Jahren; die Stimmung aber wird bestimmt ganz ähnlich sein. Lasst uns singen: „Ja, ich will singen von der Gnade des Herrn und seine Wahrheit verkünden Tag für Tag.“ Im Gesangbuch unter der Nummer 639; wie, das sagt uns Jonathan Dräger.

Lied 639 Ja, ich will singen

Liebe Gemeinde!
„Ja, ich will singen von der Gnade des Herrn und seine Wahrheit verkünden Tag für Tag.“ – In diesem Gottesdienst tun wir das heute in einer ganz besonderen Weise: mit Chor und Gemeinde, im Wechsel und gemeinsam. Singen als Ausdruck der Freude über Gottes Güte und Gnade, als Zeichen dafür, dass wir als getaufte Christen fröhlich und getrost durch unser Leben gehen können.

Und ich antworte: Natürlich hast Du recht, das so zu sagen. Und die schwierigen Momente des Lebens sollen hier bestimmt nicht kleingeredet oder unter den Teppich gekehrt werden. Diese Momente sind da und sie sind bestimmt nicht einfach zu tragen und zu ertragen. Auch der Kämmerer aus Äthiopien wird nach der Rückkehr in seine Heimat nicht immer nur Tage mit Sonnenschein erlebt haben: im realen und vor allem im übertragenen Sinn. Sein Leben wird wie bei uns von Traurigkeiten und von Freude, von Scheitern und Gelingen, von Niederlagen und Siegen, von Abschied und Neubeginn geprägt gewesen sein.

Manch einer mag dann sagen: „Moment mal! Das Leben ist doch kein Ponyhof! Da gibt es doch so viele Momente im Leben, in denen wir nicht glücklich sind, sondern traurig und niedergeschlagen, oder von Angst oder Schuld gelähmt sind. Da kann man doch nicht einfach nur lachend durch das Leben tanzen, als ob es diese dunkle Seite des Lebens gar nicht gäbe. Eine solche aufgesetzte Fröhlichkeit ist doch nur eine Maske und nicht echt.“

Aber: Es geht mir bei dem Satz „Der Kämmerer zog aber seine Straße fröhlich.“ nicht einfach nur um den Moment einer ausgelassenen Heiterkeit. Es geht mir um den Grundton, auf den unser Leben durch die Taufe gestimmt wird. Und das ist eben nicht der Ton der Mutlosigkeit und der Resignation; der Grundton unserer christlichen Existenz ist durch unsere Taufe und die uns damit zugesagte Liebe Gottes eben eine positive, eine fröhliche. Und durch diesen Grundton sind auch die Schattenseiten des Lebens tragbar. Wir sind gehalten in Gottes Hand. Das ist das Niveau unseres Lebens, unter das wir nicht sinken können. Ein Niveau, das eben nicht negativ werden kann.

Auch die Lieder, die wir heute Morgen singen und die von der Freude über die Güte Gottes angesichts der sommerlichen Natur erzählen, sparen die schwierigen Momente des Lebens ja nicht aus. „Geh aus mein Herz“ ist sogar eine Art Antidepressivum angesichts des Elends in der Welt. Aber eben nicht, weil es die Traurigkeiten des Lebens negiert, sondern weil es die Augen öffnen will für die Güte und Liebe, die Gott uns erweist.

Die Anrede in Paul Gehardts Lied „Mein Herz“ ist dabei auf eine wunderbare Weise doppeldeutig: Es kann eine Selbstanrede sein: Ich rede mein eigenes Herz als den Sitz meiner Gefühle an. So wie es in den Psalmen heißt: „Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist seinen heiligen Namen.“ Es kann aber mit der Anrede „Mein Herz“ auch ein anderer, ein geliebter Mensch sein, dem mein Herz in ganz besonderer Weise zugetan ist.

Da kommt der zweite Teil des Psalmverses zum Tragen: „Ich will Gottes Wahrheit verkünden Tag für Tag.“ Ja, wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Und ich bin sicher, dass der Kämmerer aus Äthiopien zuhause angekommen seine Freude nicht dem ostwestfälischen Klischee folgend alleine im heimischen Keller ausgelebt hat, sondern dass es seine Glaubensfreude und Zuversicht, die er erfahren hat, weitererzählt hat an alle, die es hören wollten. Wie schnell ist in der frühesten Christenheit in Ägypten und in Äthiopien von christlichen Gemeinden die Rede. Wer weiß, wie viele von ihnen auf diesen eine Mann zurückgehen, der sich so spontan wie überzeugt von Philippus hat taufen lassen!

Und wer weiß wie viele Menschen heute bei uns immer wieder zu dieser Glaubensfreude und Glaubensgewissheit kommen, weil Menschen da sind, die von ihrem eigenen fröhlichen Glaubensweg erzählen, der ihnen auch in schwierigen Lebenslagen einen Blick und einen Weg in die Zukunft eröffnet hat; weil Menschen da sind, die ihr Elternamt, die ihr Patenamt eben dazu nutzen, dass sie Gehilfen der Lebensfreude ihres Patenkindes werden. Es ist eine schöne und große Aufgabe, die eine ganz große Verheißung hat, denn Jesus spricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“ Amen.

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