Impuls für den 1. Sonntag nach Weihnachten – 27. Dezember 2020

  • Tagesspruch: „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Johannes 1,14b)
  • Wochenlieder:
    Fröhlich soll mein Herze springen (EG 36)
    Freuet euch, ihr Christen alle (EG 34)
  • Wochenpsalm: Psalm 71,1-3.12.14-18
  • Evangelium (= Predigttext): Lukas 2,(22-24)25-38(39-40): „Jesu Darstellung im Tempel“

Impuls: „In einem Kind die Zukunft sehen“

Mit dem Evangelium des ersten Sonntags nach Weihnachten geht es einen großen zeitlichen Schritt weiter: Die Zeit der Reinigung für die Mutter des neu geborenen Kindes betrug 33 Tage. Danach war für die Mutter die Auszeit zu Ende; ihre Pflichten und das allgemeine gesellschaftliche und religiöse Leben hatte sie wieder.

Im Mittelpunkt des Schluss-Abschnitts aus dem 2. Kapitel des Lukasevangeliums stehen aber nicht Maria und Josef mit dem Kind, sondern zwei andere Menschen treten in Beziehung zu diesem Kind, das in der Christnacht geboren wurde. Beide haben eine besondere Nähe und Beziehung zu Gott, denn sie leben in Jerusalem, sind oft im Tempel und erfahren den Geist Gottes.

Da ist Simeon, den wir gerne als Greis sehen, weil die Verheißung, die er bekommen hat, seinen nahen Tod vermuten lässt. Und da ist Hanna, die uralte Prophetin, die täglich im Tempel ist. Beiden gemeinsam ist die erwartungsvolle Lebenseinstellung: Sie rechnen fest damit, dass Gott in ihr Leben tritt, dass Gottes Heiland von ihnen erkannt werden würde, wenn er denn endlich da ist.

Für viele Menschen ist die Szene von Simeon mit dem Jesuskind von dem niederländischen Maler Rembrandt kongenial in ein Bild gefasst worden: Was dieser Moment für Simeon und Hanna bedeutet hat, können wir heute wohl kaum nachvollziehen, weil wir diese radikale Erwartungshaltung kaum noch kennen. Wir rechnen nicht mehr damit, dass sich das Ziel unseres Lebens erfüllt, weil wir den Heiland und Retter der Welt in unseren Händen halten. Wir rechnen nicht mehr damit, dass nach einem solchen Moment nichts Bedeutendes mehr in unserem Leben passieren könnte.

Und trotzdem weiß ich von vielen Besuchen, dass wir bis heute ganz oft etwas ganz ähnliches erleben, was uns hilft, das zu verstehen, was Simeon widerfährt: Wie oft erzählen mir Menschen voller Freude von ihren Kindern und von ihren Enkelkindern. Und was für ein besonderes Erlebnis ist es für die Menschen, wenn sie dann ihr Urenkelkind in den Armen halten. Sie sehen in dem kleinen Menschlein etwas sehr zartes und liebenswertes; sie sehen in diesem Menschenkind aber auch etwas von der Zukunft, die in diesem Leben eingeschlossen ist. Und weil es ihr Enkel- oder Urenkelkind ist, trägt es auch etwas von der Zukunft der (Ur-)Großeltern in sich.

In Enkel- und Urenkelkindern kommen meine Hoffnung und meine Erwartungen an ihr Ziel: „Mein eigenes Leben war nicht vergebens; meine Mühe und Arbeit mit meinen Kindern, meine Ängste um sie haben Früchte getragen. Und ich lebe in diesen Kindern in einer besonderen Weise weiter. Meine Zukunft ist gerettet – auch wenn mein eigenes Leben (demnächst) irgendwann zu Ende geht.“

Auch Simeon und Hanna sind an das Ziel ihrer Hoffnungen und Erwartungen gekommen. Für sie ist es nicht aber nur die eigene Zukunft, die sie in diesem Kind gesichert sehen, sondern die Zukunft der ganzen Welt!

Der Lobgesang, den Simeon dann anstimmt (lateinisch: Nunc dimittis), begleitet Menschen
seit vielen hundert Jahren als gesungenes Nachtgebet in der evangelischen und katholischen Kirche. Zum Abschluss des Tages erinnert es symbolisch an das irdische Lebensende. Die folgende Nacht hat aber nicht das letzte Wort – auch nicht die Nacht des Todes: Die Zukunft des Lebens bei Gott ist gesichert.

Ich wünsche uns allen diese Erwartungshaltung, wie sie Hanna und Simeon zu eigen ist. Und mögen wir alle aus diesem Weihnachtsfest die Erfahrung mitnehmen, dass auch unsere Zukunft in diesem Kind Jesus gesichert ist!

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