Predigt zum Videogottesdienst am 14. März 2021

Kyrie mit „Du siehst mich“ (freiTöne 48)

Du, Gott, siehst uns: Wie wir Orientierung suchen in einer Zeit, in der wir nicht wissen, was morgen sein wird:

  • G: Die siehst mich … (freiTöne 48,1)

Du, Gott, siehst uns: Wie wir so viele Worte machen: in der großen Politik und im kleinen Kreis, und doch nichts wirklich sagen können.

  • G: Die siehst mich … (freiTöne 48,2)

Du, Gott, siehst uns: Wie wir tief in unserem Herzen wissen, dass sich so viel verändern muss, und wir uns nicht trauen.

  • G: Die siehst mich … (freiTöne 48,3)

Predigt zu Johannes 12,20-24

(Der Predigttext Johannes 12,20-24 ist zuvor als Schriftlesung gelesen worden.)
Jesus hat seinen bevorstehenden Tod vor Augen, schon die Salbung in Bethanien hatte er auf sein Begräbnis hin gedeutet. Trotzdem kann er seinen Jüngern die Augen für das kommende Leben öffnen. Die Schwierigkeiten und auch seinen Tod blendet Jesus dabei nicht aus, aber er sieht weiter als nur bis zum Moment des Todes. Jesus weiß: Es braucht diesen Weg der Verwandlung: durch den Tod hindurch ins Leben, damit aus seinem Sterben in Jerusalem neues Leben mit einer überwältigenden Fülle an Frucht erwächst. Mitten in der Passionszeit und mitten in der Coronazeit mit ihren Fragen und ihrer Verunsicherung wird mit diesem Sonntag an die Fülle des Lebens erinnert.

Noch ist es aber so, dass uns diese Pandemie im Griff hat: So vieles ist nicht vorherzusehen; bei allem Bemühen um realitätsnahes Agieren gibt es immer wieder Stolperfallen, die an der Richtigkeit des Weges zweifeln lassen; und je länger es geht, desto ungeduldiger wird das Ende herbeigesehnt – ganz anders als beim ersten Lockdown vor einem Jahr, als alle in großer Einmütigkeit durch Abstand dem Virus zu begegnen versuchten.

Was für ganz viele Menschen neben den existenziellen Sorgen am schwierigsten war und ist: Es fehlen die Begegnungen, denn Kontakte über Telefon und Internet können das reale Gespräch von Angesicht zu Angesicht nicht vollständig ersetzen, und schon gar nicht einen Händedruck oder eine Umarmung.

Alleinsein ist eines der Wörter, die schon seit längerer Zeit wichtig geworden sind und die im zurückliegenden Jahr immer wieder im Mittelpunkt gestanden haben: Menschen in Seniorenheimen, in Krankenhäusern und Sterbezimmern, Großeltern ohne Enkelkinder – das sind die Gruppen, die das besonders erfahren haben. Und so bin ich dieses Mal an dem einen Satz: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt, bleibt es allein“ und besonders an den Schlussworten „bleibt es allein“ hängen geblieben.

Wenn Jesus das Bild vom Weizenkorn auf sich bezieht, ist es ganz klar: Als die Zeit reif war, musste Jesus nach seinem langen Weg in Jerusalem sterben, um dann am 3. Tag aufzuerstehen.
Aber wie ist das, wenn wir das Bild vom Weizenkorn auch auf uns beziehen? Sehen wir uns den wachsenden Weizen doch einmal an:

1) Da ist die Erde, in die das Weizenkorn fallen soll.
2) Da ist das Korn, das die Feuchtigkeit seiner Umgebung aufnimmt und zu keinem beginnt – ganz klein.
3) Da ist der Keim, der aus dem Korn erwächst und der
4) zu einem kleinen Halm wächst, der Sonne entgegen.
5) Der Halm wird größer und kräftiger, dass sich an seinem Ende die Ähre bilden kann, in der schließlich die einzelnen Körner reifen: die Frucht des Lebens.

Nach der Zeit des Wartens braucht es den auslösenden Moment, es braucht das „in die Erde fallen“, damit etwas mit uns geschehen kann, das uns verändert und verwandelt. Bis das passiert, gilt es, das Alleinsein noch auszuhalten. Die Möglichkeiten, die in uns als dem Weizenkorn verborgen sind, bleiben glücklicherweise so lange erhalten, bis es Zeit für uns ist.

Wenn es dann so weit ist, sollen und werden wir keimen und wachsen, reifen und Frucht bringen.
An diese Verwandlung erinnert uns der heutige Sonntag mit seinem Bild vom Weizenkorn: Jesus war nach Karfreitag und Ostern nicht mehr wie vorher mit seinen Jüngerinnen und Jüngern unterwegs; an die Stelle der in Galiläa und Judäa umherziehenden Gruppe ist die Kirche getreten, das wandernde Gottesvolk durch die Zeit: Sie ist die Frucht, die aus Jesu Sterben und Auferstehen erwachsen ist; in ihr ist Jesus nun ganz neu und anders gegenwärtig.

Und auch uns nimmt Gott, damit wir uns verwandeln, damit wir trotz aller Unsicherheit und Ungeduld, trotz Corona und allem, was uns sonst gefangen nehmen will, unter seinem Segen wachsen und Frucht bringen: zu einem Leben in Liebe und Freude. Amen.

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