
Gnade sei mit euch und Friede von Gott dem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Der Heilige Geist segne unser Reden und Hören. Amen.
Liebe Gemeinde am 4. Advent!
Es könnte vielleicht eine nette, aber knifflige Frage in einem Kreuzworträtsel sein: „Zusammenfassung des christlichen Weihnachtsfestkreises mit 2 Buchstaben“. Es ist noch keiner der beiden Buchstaben bekannt. Was könnte da wohl hinkommen? „Zusammenfassung des christlichen Weihnachtsfestkreises mit 2 Buchstaben“? Es gibt ja nur wenige Worte mit 2 Buchstaben und und alle, die auf JA getippt haben, hatten den richtigen Riecher. Ja, mit dem so kleinen Wörtchen JA wird alles auf den Punkt gebracht, was den Weihnachtsfestkreis mit Advent und den Weihnachtstagen, mit Epiphanias und den Sonntagen danach ausmacht.
Zuallererst zeigt dieses JA, dass Gott zu seinen Verheißungen steht, die er durch seine Propheten hat verkündigen lassen und die wir als Christinnen und Christen auf Jesus als den Christus, den Messias Gottes beziehen: Vom Reis, das aus Isais Stamm aufwächst über die junge Frau, die schwanger wird, und dem Licht, das in der Finsternis scheint bis hin zu dem kleinen Bethlehem, das Maleachi als den kleinen und doch so großen Ort der Geburt des Erlösers preist; vom König, der auf einem Esel einzieht, über die Füße der Freudenboten, die den Frieden verkünden, bis zum Vorläufer Johannes, der dem Messias den Weg bereitet. Gott steht zu seinem Wort und sagt JA!
Mit diesem JA zu seinen Verheißungen sagt Gott auch JA zu denen, die seine Verheißung bekommen und von ihm Hilfe und Trost, Zukunft und Hoffnung erwarten: die Menschen, die bis heute in vielen Finsternissen im Persönlichen und in dieser Welt unterwegs sind, die von Gott eine hoffnungsvolle Zukunft, Hilfe und Rettung erwarten. Zu diesen Menschen sagt Gott sein JA.
Als die Hirten auf dem Feld von Bethlehem aufbrechen, um die Geschichte anzusehen, die ihnen der Engel kundgetan hat, sagen sie durch ihre Tat ebenfalls JA und bekennen sich so zu der frohen Botschaft, die sie erfahren haben: Euch ist heute der Heiland geboren.
Ebenfalls in einem JA lässt sich die Erleichterung des greisen Simeon zusammenfassen, der sich am Ende seines Lebens am Ziel seines Wartens wissen darf, als die Eltern mit dem Jesuskind in den Tempel von Jerusalem kommen: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen.“ Und ebenso wird es mit der Witwe Hannah gewesen sein.
Nicht vergessen werden dürfen die Weisen aus dem Osten, dem Morgenland, die sich auf das Erscheinen des großen Sternes hin aufmachen, um den neugeborenen König der Juden zu suchen und ihn anzubeten.
Ausgehend von den Menschen, die direkt mit der Geburt des Jesus-Kindes zu tun hatten, haben seitdem unendlich viele Menschen zu Weihnachten und dem, was daraus mit Jesu Wirken und mit seinem Kreuz und seiner Auferstehung erwuchs, JA gesagt. Sie haben sich zu diesem Jesus von Nazareth als dem Messias und Gottessohn bekannt. Bis zu uns heute, denn sonst wären wir am 4. Advent 2021 nicht hier versammelt, sonst würden wir uns nicht darauf vorzubereiten, dass auch in diesem Jahr mit der Feier der Geburt Jesu das Geschehen von damals neu Gestalt annimmt und uns zu Leuten macht, in denen Gottes großes JA zu den Menschen Wirklichkeit wird.
Aber was wären all diese JAs, wenn nicht die eine JA gesagt hätte, deren Geschichte wir eben gehört haben und ohne deren JA das Kind Jesus nicht geboren worden wäre? Was wären die JAs wert gewesen ohne das JA der Maria, das in diese berührenden Worte: „Mir geschehe, wie du gesagt hast!“, gefasst ist? Ohne Maria und ihre Zustimmung zu der Zumutung, die Gott ihr durch seinen Engel abverlangt hat, wäre es mit allem, was folgen sollte, wohl schwierig geworden.
Versetzen wir uns in den Moment hinein, als der Engel zu Maria kommt und ihr diese ungeheuerliche Botschaft eröffnet: eine junge Frau: das hebräische Wort in der Jesajaverheißung bedeutet, dass sie gerade im damals heiratsfähigen Alter war, also etwa 13 oder 14; als junge Frau schwanger – ohne Mann, verlobt oder nicht, womit alle Tradition und Konvention über den Haufen geworfen werden, was ihr Leben komplett verändern würde. Und nicht irgendein Kind! Die Botschaft des Engels stellt alles Vorstellbare in den Schatten: Den König von Israel auf dem Thron Davids, den Sohn des Höchsten, den Sohn Gottes soll sie zur Welt bringen!
Dies ist die Maria, die ihr JA sagt. Aber wie lange hat es wohl gedauert: zwischen dem Ende der Engelrede: „Bei Gott ist kein Ding unmöglich.“, und ihrem: „Siehe, ich bin des Herren Magd, mir geschehe, wie du gesagt hat.“? Minutenlanges schweigendes Überlegen? Spontane Zustimmung? Wenn ich an mich denke und meine allgemein bekannte Vorliebe, spontane Aktionen vorher gut zu durchdenken, könnte schon etwas Zeit vergangen sein. Aber vielleicht war Maria ja auch ganz anders. Und es war Lukas wohl auch gar nicht so wichtig, sonst hätte er es vielleicht wie in einem Bibliodrama ausgemalt.
Wir können Maria in diesem Moment vor uns sehen:
Maria, bei deren Namen wir uns wohl alle auch an Moses‘ Schwester Miriam erinnern, die mit ihrem Befreiungslied die Rettung des Gottesvolkes vor den Verfolgern am Schilfmeer besungen hat.
Maria, die vom Geist Gottes überschattet wird: also von jener Wolke, die nach dem Bericht aus dem 2. Buch Mose am Berg Sinai als Zeichen von Gottes Gegenwart das Zelt der Begegnung überschattete; von jener Wolke, die später bei der Verklärung Jesu auch die drei auserwählten Jünger überschatten sollte.
Maria, die sich wie Hannah, die Mutter des Propheten Samuel als Magd, genauer als Sklavin Gottes bezeichnet, was nach biblischer Tradition nur freie Menschen getan haben.
Maria, die so schon an dieser Stelle vorwegnimmt, was sie in ihrem großen Lobgesang wie eine Prophetin singen wird: das Lob des Gottes, der um der Gerechtigkeit und seiner Verheißungen willen die ungerechten Ordnungen dieser Welt in ihr Gegenteil verkehren wird, um der Barmherzigkeit zu ihrem Recht zu verhelfen.
Maria – die beispielhaft Glaubende, die in einer Linie mit Königen und Prophetinnen, mit Evangelisten und Apostelinnen steht.
Deshalb ist Marias „Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ kein passives Erdulden dessen, was Gott ihr durch den Engel anträgt; es ist kein „Über sich ergehen lassen“. Maria geht los auf ihrem Weg, der ihr Leben verändern wird, so wie sie nach der Begegnung mit dem Engel wirklich losgegangen ist, um ihre Verwandte Elisabeth zu besuchen.
„Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ – Dieser Satz ist das große JA der Maria und damit der Auftakt zu ihrem aktiven Weg des Glaubens, der der Gerechtigkeit Gottes dient, wie es Maria dann singt.
„Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ Mit diesem Satz könnten wir bei Taufe oder Konfirmation auf die Verheißung Gottes mit seinem Zuspruch und seinem Anspruch antworten. Es wäre unser JA, also unsere Antwort auf unsere Berufung: die Frohe Botschaft von der Liebe Gottes, die Botschaft von seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in Wort und Tat an denen zu bezeugen, die Gott zu unseren Nächsten macht.
„Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ Machen auch wir uns auf und gehen wir mit Maria los; machen wir uns die Worte der Dienerin Gottes Maria zu eigen und sagen auch wir immer wieder neu zu Gott und seinem Glaubensweg mit uns: JA.
JA. Amen.